Sengoku Biohazard – Resident Evil (Onimusha)

Als damals Resident Evil das Licht der Welt erblickte, war das ein phänomenaler Moment für mich. Es war neu, es war innovativ, es war gruselig! Man hatte zwar einige Vergleiche, aber keines der anderen (Horror-) Spiele kam zu seiner Zeit an das Spielerlebnis von Resident Evil ran. Jahre später, als Onimusha auf der Playstation 2 erschien, war er da – der „Aha! Das kommt mir bekannt vor!“ Effekt! Als eingefleischter RE-Fan bemerkte ich daher recht schnell die Parallelen zu Resident Evil und obwohl das Setting sich komplett von Resident Evil unterschied, versprühte es dennoch einen gewissen RE-Charme. Zufall? Nein, eher Absicht. Speziell, wenn man den Hintergrund von Onimusha und seinen Entwicklungsprozess kennt. Für viele langjährige Resident Evil Fans dürfte „Onimusha“ ein Begriff sein. Womöglich sogar mehr als ein Begriff, vielleicht ein positives Resident Evil „ähnliches“ Erlebnis (wie bei mir), angesiedelt im alten Japan. Was viele Fans nicht wissen: Onimusha’s Existenz basiert auf dem Erfolg von Resident Evil 1 (1996) und wäre fast ein Resident Evil Nachfolger geworden. Hier erfahrt ihr wie es dazu kam und wer die Verantwortlichen sind.

 

Ohne ihn wäre es nie so weit gekommen – Yoshiki Okamoto. Als allgemeiner Produzent mischte er bereits beim ersten Teil und dem Director’s Ableger mit und agierte als Supervisor bei den Teilen 2, 3 und Code Veronica. Früher bei Konami tätig, wechselte Okamoto zu Capcom und prägte wichtige Spiele wie die Marvel VS. Capcom und Vampire Hunter Reihe (hier bekannt als Darkstalkers), oder einige der Mega Man Spiele. Okamoto gründete 1997 sein eigenes Unternehmen „Flagship“, welches von Capcom, Nintendo sowie Sega finanziert, aber später ein Teil von Capcom wurde. Flagship spezialisierte sich auf die Verbesserungen von Drehbüchern und Spielszenarien. Es wurde zu seiner Zeit ein wichtiger Part für Capcom und übte einen großen Einfluss auf viele Resident Evil Spiele aus – angefangen mit Resident Evil 2.

 

Die zweite Schlüsselfigur und auch späterer Produzent von Onimusha, war niemand geringeres als Keiji Inafune, welcher übrigens der Mega Man Schöpfer ist. Auch wenn Inafune neben anderen Capcom Produzenten wie Shinji Mikami, oder Hiroyuki Kobayashi etwas unauffälliger erscheint, so ist er auch einer der tragenden Säulen im Resident Evil Olymp. Nicht zu vergessen die Dead Rising Reihe, die auch zu seinen Werken gehört. Er verließ Capcom 2010 und gründete ebenfalls sein eigenes Unternehmen unter dem Namen „Comcept“.  Wohl das bekannteste Spiel war der Mega Man Klon „Mighty No.9“.

 

 

Aber gehen wir zurück in die 90er Jahre. Es ist 1997, Capcom feiert immer noch seinen Erfolg von Resident Evil, während bereits die Director’s Cut Fassung in den Starlöchern steht und man schon mit den Arbeiten am zweiten Teil begonnen hat. Im Mai diesen Jahres gibt Yoshiki Okamoto dem japanischen Videospielmagazin „Dengeki Nintendo 64“ ein sehr interessantes Interview, bei dem es eigentlich primär um die Kapazitäten der Nintendo 64 Kassetten geht, er aber erstmals von der Idee einer Resident Evil Ninja Version redet. Im Folgenden ein Ausschnitt aus dem Interview.

Dengeki Nintendo 64: Capcom hat bereits angekündigt, Spiele für die N64 zu entwickeln. An welche Titel denken Sie derzeit?

Yoshiki Okamoto: Ich interessiere mich sehr für die N64. CD-ROM ist lediglich ein lesbares Medium. Es ist offensichtlich, dass die beschreibbare Funktion des 64DD sehr attraktiv ist und diese Funktion den Spaß an Nintendo Spielen steigern wird. Diesen besonderen Aspekt der Entwicklung möchte ich weiter verfolgen, aber zuvor untersuchen wir die Möglichkeit, Resident Evil, das derzeit ein CD basiertes Spiel ist, auf eine 128MB Cartridge zu bringen. Außerdem ist das nicht die endgültige Entscheidung von Capcom, es ist nur meine Idee. Ich weiß nicht, ob es möglich ist oder nicht, in Bezug auf technische Schwierigkeiten.

Dengeki Nintendo 64: Was ist deine Idee?

Yoshiki Okamoto: Ich habe eine Idee für eine Ninja-Version von Resident Evil. Die Location ist ein „Ninja-Haus“, das voller Sprengfallen und Spielereien ist.

Dengeki Nintendo 64: Interessant. Du hast noch mehr tolle Ideen für uns?

Yoshiki Okamoto: Natürlich. Der Kampf findet mit Katana und Shuriken statt. Das Haus enthält versteckte Türen hinter Wänden, Decken, die auf Sie herunterfallen, Schriftrollen und Ninja-Magie und viele andere Ninja-Techniken. Dazu habe ich noch viele weitere Ideen.

Dengeki Nintendo 64: Das klingt witzig. Wie sieht es mit dem geschäftlichen Aspekt aus?

Yoshiki Okamoto: Ich denke, es wird sehr interessant und da so viele westliche Spieler Ninjitsu lieben, denke ich auch, dass es sich sehr gut verkaufen wird.

 

Mit diesen Aussagen sorgte Okamoto für leichte Irritationen. Wie kam man auf die Idee den Resident Evil Plot quasi um 180 Grad drehen zu wollen? Hätten die Resident Evil Fan’s diese massive Abweichung tatsächlich hingenommen? Möglicherweise, aber zu diesem Zeitpunkt eher nicht. Okamoto beschwichtigte jedoch, das sich diese Ideen lediglich im Forschungsstadium befanden. Die Inhalte, oder Teilinhalte des Dengeki N64 Interviews wurden das erste Mal im August 1997 in der amerikanischen Videospielzeitschrift „Ultra Gameplayers“ veröffentlicht bzw. erwähnt. Es war auf der letzten Seite des Resident Evil 2 / Resident Evil Director’s Cut Artikels zu lesen. Später erschien auch ein kleiner „Schnippsel“ im ebenfalls englischsprachigen Magazin Electronic Gaming Monthly und in anderen, mir leider unbekannten Zeitschriften.

Man konnte also einen kleinen Einblick über das bereits vorhandene Interesse von Capcom bekommen, (irgendein) Resident Evil auf die N64 zu bringen. Egal, ob als Fortsetzung, oder Port vom ersten Teil. Man brachte zwar Ende 1999 bzw. Anfang 2000 Resident Evil 2 als Port heraus, wenn auch mit kleinen Abweichungen, aber einen Exklusivtitel erhielt diese Konsole nie. Nicht einmal das berüchtigte Resident Evil 0 N64 (2000) schaffte nicht den Release, aber dafür wenigstens zwei Jahre später als (damaligen) Exklusivtitel und moderner Grafik für die GameCube Konsole von Nintendo.

 

 

Kommen wir nun zu Inafune. Während also die Arbeiten am zweiten Teil von Resident Evil im vollen Gange waren, ungefähr zu der Zeit, als die Produktion den Status von „Resident Evil 1.5“ erreichte, war er es, der mehr wollte. In einem Capcom Spezial von „GameCenter CX“ (Retro Game Master), einer japanischen TV Serie rund um Videospiele, verriet Inafune pikante Details über die Entstehung von Onimusha und was es mit „Sengoku Resident Evil“ auf sich hat. Das Video ist von 2003.

Shinya Arino: Also, Herr Inafune, was ist Ihre Rolle bei Onimusha?

Keiji Inafune: Ich bin der Produzent, daher habe ich nichts bezüglich der Kunst (Art) gemacht.

Shinya Arino: Wie ist dieses Spiel entstanden?

Keiji Inafune: Während Resident Evil 2 entwickelt wurde, arbeitete ich als Produzent. Ich arbeitete an der Promotion und an anderen Dingen, die nichts mit der Entwicklung des Spiels zu tun hatten, aber als ich von meiner Position aus zusah, dachte ich: „Ich bin mir sicher, wir können noch bessere Spiele machen.“

Shinya Arino: Das hast du zu dir selbst gesagt, während du den Prozess des Spiel (Resident Evil 2) beobachtet hast?

Keiji Inafune: Das stimmt. Als ich Werbung und gleichzeitig Spiele gemacht habe, also damals, als ich beides tat, dachte ich: „Wir können bessere Spiele machen.“ Daher beschloss ich, dem Unternehmen (Capcom) ein Angebot zu machen und ich wollte sagen „Ich möchte ein Spiel wie Onimusha machen!“, aber, nun ja, wenn Sie sich meine bisherige Arbeit ansehen, habe ich an Spielen für Kinder, wie Mega Man, gearbeitet. Es wäre schlimm, wenn sie sagen würden: „Was? Ernsthaft?“. Also schlug ich eine alternative Version von Resident Evil vor – mit einem japanischen Samurai, eher eine Version von Resident Evil aus der Sengoku-Zeit. So hieß es auch zu Beginn des Projekts: „Sengoku Biohazard (Resident Evil)“.

Shinya Arino: Du dachtest, das würde sie überzeugen?

Keiji Inafune: Genau. Während der Arbeiten an Resident Evil 2, als es noch nicht fertig war, gab es einige verworfene Versionen.

Shinya Arino: (Resident Evil) 1,5?

Keiji Inafune: Richtig. Also sagte ich ihnen: „Ich werde 1.5 verwenden und etwas daraus machen.“

Shinya Arino: Sie haben dir (Resident Evil) 1,5 gegeben?

Keiji Inafune: Ich sagte „Ich nehme es!“, aber selbst wenn es zu einem „Resident Evil in der Sengoku-Zeit“ gekommen wäre und die Spieler „klingt interessant!“ gesagt hätten, wäre das nicht genug gewesen. Also wollten wir viele verschiedene neue Features hinzufügen…


Damit endet auch der interessante Part bezogen auf Resident Evil. Ich vermute und das ist auch nur meine persönliche Meinung, als Inafune von „verschiedene neue Features“ sprach, war das der Wendepunkt ein von Resident Evil unabhängiges Spiel zu entwickeln, weil man vielleicht die Magie-Aspekte nicht mit der Resident Evil Thematik unter einen Hut bringen konnte.

 

 

Das war knapp gewesen. Fast hätten wir einen etwas seltsamen Resident Evil Nachfolger bekommen, aber der ganze Prozess hat natürlich auch seine Vorteile und man erfreut sich der Existenz von Onimusha. Erfrischend, zumindest für Resident Evil Fans der ersten Stunde, waren die pre-rendered Hintergründe im Spiel, die Kameraperspektiven, Bewegungen der Charaktere, gewisse Items und diverse anderer Sachen, die sofort an Resident Evil erinnerten. Anhand der Screenshots von der finalen Onimusha Version, könnt ihr einige Parallelen zu Resident Evil erkennen. Screenshot 7, als Beispiel, erinnert etwas an die R.P.D. Haupthalle aus RE2.

Fun Fact: Ursprünglich sollte das Spiel auf der Playstation 1 unter „Onimusha: Demon Warrior“ erscheinen und die Arbeiten waren mit knapp 50% auch ziemlich weit, aber man entschied sich dann doch lieber für eine Playstation 2 Fassung. Gründe hierfür dürften klar auf der Hand liegen, denn es war nicht nur mehr Kapazität auf dem Medium (DVD) verfügbar, sondern auch die wesentlich stärkere Konsole (PS2) und der Release der Playstation 2 (2000) haben einfach gepasst. Das erste Playstation 1 Beta-Material von Onimusha zeigte Capcom der breiten Öffentlichkeit 1999. Ein Jahr vor dem PS2 Release. Wieso hätte man also das Potenzial für die Vorgängerkonsole verschwenden sollen? Die PS2 Ankündigung folgte anschließend auf der Tokyo Game Show (TGS) 1999.

Man muss an dieser Stelle ehrlicherweise sagen, dass das, was Capcom uns damals zeigte, trotzdem für Playstation 1 Verhältnisse verdammt gut aussah und man merkt schnell an den Bewegungen der Figuren, dass als Vorlage Resident Evil 2 diente. Das Videospielmagazin „EDGE“ aus UK war einer der ersten Magazine mit Bildern von Onimusha: Demon Warrior (Ausgabe 073 von 1999). Später folgte auch ein Trailer.

 

Wer nun Lust auf Onimusha bekommen hat, braucht zum Glück keine PS2 mehr, da Capcom den ersten Teil 2019 als HD Neuauflage für die PS4, Steam, Switch und XBOX One veröffentlich hat. Abschließend noch der Verweis auf die offizielle Onimusha Webseite.